Mit einem Zitat aus Jesaja habe viele Mitglieder aus unserer Pfarreiengemeinschaft die Besucher unserer Seite begrüßt und bestärkt:
+„was wir wirklich sind, beginnt nicht mit der Geburt und endet nicht im Tod.“
Verehrte Mitchristen, liebe Leserinnen und Leser,
„was wir wirklich sind, beginnt nicht mit der Geburt und endet nicht im Tod.“
Dieses Zitat stammt von einem „berühmten“ Hösbacher, von Pater Willigis Jäger, der vor kurzem im Alter von 95 Jahren verstorben ist und zu den großen spirituellen Lehrern der Gegenwart zählt.
„Was wir wirklich sind, beginnt nicht mit der Geburt und endet nicht im Tod.“ Ist das nicht zutiefst auch ein österlicher Gedanke? Denn er meint doch: Das Sein des Menschen nicht auf das zählbare, von der Zeit umfangene Dasein der irdischen Lebtage zu reduzieren. Natürlich bin ich als Mensch kein Ewiger, nach dem Motto: „mich gab´s schon bevor ich wurde“. Aber ich darf meine Lebensherkunft im Ewigen in Gott suchen. Mein Leben ist aus einem Gedanken des Ewigen hervorgegangen und hervorgerufen. Wir sind also nicht aus dem Nichts zur Welt gekommen und wenn wir aus der Welt gehen, führt das Leben auch nicht ins Nichts, in die Vernichtung, wird kein Mensch zu einem Niemand. Denn, gilt nicht schon für mein irdisch greifbares Dasein, dass ich mit meiner Wahrnehmungsinstanz, meinem Bewusstsein, eben nicht an die Anfänge dieses Lebens heranreichen kann. Wer ich war und wie ich war, in den ersten Tagen, Wochen, Monaten, ja Jahren meines irdischen Lebens, das konnte ich nicht von mir selbst aus ergründen, das habe ich nur mit Hilfe und dem Zeugnis anderer, meiner Vorfahren, erfassen können. Ist das nicht ein erster Anhaltspunkt dafür, dass wir von uns selbst aus, das ganze Geheimnis unseres Menschseins nie ausloten können. Und was so für den Anfang gilt, gilt das nicht auch für das Ende? Kein Menschenleben ist wirklich am Endpunkt, am Nullpunkt, mit dem Tod schon zu Ende gedacht. Und die, die so argumentieren, als ob unser österlicher Glaube nur unbegründbare, dem Wunsch des Menschen entsprungene, Spekulation wäre, die von dem Glauben an ein Leben nach dem Gestorbensein - dem ewigen Leben, das nur in Gott begründet sein kann, nichts halten, haben sie denn die besseren, die stichhaltigeren Argumente? Für uns ist der Osterglaube nicht ein Herumstochern im Dunkeln, sondern fragendes, suchendes, tastendes Berühren der Unermesslichkeit unseres Menschseins. Dass gerade auch die Auseinandersetzung mit dem Tod, mit dem Sterben jetzt durch die Corona-Krise auf der Agenda unserer Tage steht, lässt uns das nicht, wenn auch auf ganz schmerzliche und erschütternde Weise, neu erfahren: den Tod nur an den Rand des Lebens zu schieben und ihn zu verdrängen, entspricht nicht der ganzen Wahrheit des Menschen. Es wird nicht nur gelebt, es wird immer auch gestorben. Und wir Menschen sind keine Unsterblichen. Der Tod ragt in unser Leben hinein. Der Osterglaube und die Osterhoffnung will uns in eine Haltung zu dieser Wirklichkeit führen, die uns auch Halt geben kann. Nein, der Osterglaube verharmlost nicht all das Leid, all den Schmerz und die Traurigkeit, die Ungewissheit und die Ängste, denen wir als Menschen gerade im Blick auf das irdische Ende ausgesetzt sind. Auch die Osterzeugnisse der Evangelien sprechen von genau diesem Gefühl bei den Jüngerinnen und Jüngern in ihrer durchlittenen Zeitspanne vom Karfreitag zum Ostermorgen. Und doch, wo diese Möglichkeit, dieses „Mögliche“, dass es einen Gott gibt, einen Ewigen, aus dessen Geheimnis wir Menschen hervorgehen und zurückkehren, ausgeblendet bleibt, erst dort wird doch die Erfahrung vom Sterben trostlos und sinnlos. Denn, wie könnte das Leben vor dem Tod, allein für sich betrachtet, Sinn haben, wenn der Tod dann dieses Leben nur ins sinnlose Nichts verkehren würde. Wer wirklich am Leben hängt, der lässt doch die Lebenshoffnung und Lebenssehnsucht auch mit dem Sterben nicht fallen. Gerade in diesem Jahr wird der Osterjubel nicht ein Übertönen von all den Traurigkeiten dieser Tage sein, sondern will dieser Osterjubel die Hoffnung nicht verstummen lassen. Wie gerade jetzt die Vögel, die noch im Dunkel, in der Dämmerung zum neuen Tag, ihre Melodien jubilierend anstimmen, so will unsere Osterbotschaft auch in manch Dunkel dieser Tage die Hoffnung wecken, für die Verheißung: unser Leben ist einmal der Aufbruch zum ewigen Morgen zugesagt. Am Ende steht nicht die Nacht und die bleibende Finsternis, sondern die lichte Ewigkeit. Den Gefahren und Gefährdungen der Pandemie, als Menschen Herr zu werden, ist unerlässlich. Unerlässlich ist aber auch für uns Christen, den Glauben an den österlich lebendigen Herrn wach zu halten, dessen Weg aus dem Tod zum Leben auch uns Wegweisung ist. So, wie die ersten Auferstehungszeuginnen und -zeugen mit dem neuen Leben im Auferstandenen in Berührung gekommen sind, können wir das heute nicht mehr. Aber dieser Glaube, der vor 2000 Jahren in die Welt gekommen ist, und seitdem rund um die Welt geht, möge für uns der Funke Hoffnung sein, von dem wir uns heilsam anstecken lassen. Mögen die besonders von der Nähe des Auferstandenen berührt werden, denen in diesen Tagen wahrlich Schwerwiegendes zugemutet wird und ihnen dabei auch nicht die letzten Fragen erspart. „Was wir wirklich sind, beginnt nicht mit der Geburt und endet nicht im Tod.“
Gesegnete Ostertage und ein „frohes Ostern“, allerdings nicht in der Form einer leichtlebigen Fröhlichkeit, die wahrlich nicht angesagt ist, sondern eine Osterfreude, die nicht über das Schwere hinweglächelt und ein trauriges Gesicht verbietet, dem zum Weinen zumute ist, sondern die ein letztes „In-Gott-geborgen-sein“ angesichtig macht.
Ihr Pfarrer Matthias Rosenberger
title="+ „das gab´s noch nie...ich kann´s mir nicht vorstellen…, wie soll das gehen?“
Liebe Mitchristen,
verehrte Leserinnen und Leser,
„das gab´s noch nie...ich kann´s mir nicht vorstellen…, wie soll das gehen?“
Seit feststeht, dass die staatlichen Verordnungen zur Eindämmung der Coronapandemie - wie das Versammlungsverbot, die Kontakteinschränkungen, die Abstandswahrung - auch für die Karwoche, die Heiligste Woche unseres christlichen Glaubens gelten, heißt dass, sowohl für die kirchliche wie für die heimisch-familiäre Gestaltung unserer höchsten Feiertage, unter diesen Bedingungen das Beste daraus zu machen.
Denn Ostern einfach zu verschieben, weil die Rahmenbedigungen nicht optimal sind, hieße: Ostern auf die gleiche Ebene wie andere von Menschen kreierte Events zu stellen. So, wie wenn wir darüber nach Belieben verfügen könnten. Nein, in den Feierlichkeiten der Karwoche und Ostertage geht es um viel mehr: Nicht, um eine Feierlaune unsererseits, sondern um den Zauber des Göttlichen wachzuhalten und den Glauben, dass Gottes Wirken und sein Einwirken gerade die Grenzerfahrungen unseres Lebens aufsprengen kann. Ostern steht nicht in unserer Macht, Ostern zeugt von der Macht Gottes. Allerdings geht diese Macht Gottes auch durch die Hölle - durch die Hölle der Ohnmacht. Was am Palmsonntag so triumphal beim Einzug Jesu in Jerusalem seinen Lauf nimmt, dieses euphorische Anhimmeln der Massen verläuft am Karfreitag für ihn in eine ganz andere Richtung, wird zum Geifernden: „Fahre zur Hölle - ans Kreuz mit ihm!““
Dem Tun Jesu an Gründonnerstag, als er sowohl seine Freundschaft, seine Zuneigung, sein unverbrüchliches Verbundenbleiben mit uns Menschen in eine buchstäbliche Ver-Mähl-ung in das Mahlgeschehen mit Brot und Wein überträgt und anschließend in der Demutsgeste der Fußwaschung seine Jünger ermutigt, sich nicht von der Angst um sich selbst in die Knie zwingen zu lassen, sondern um des Dienens anderen zuliebe in die Knie zu gehen, steht das Verhalten von Petrus und Co. entgegen: als Großsprecher mit Treueschwüren am Abendmahlstisch erweisen sie sich wenig später als kleinlaut im Ölberggarten und im Vorhof des Pilatus und machen sich alle aus dem Staub.
Im Kreuz auf Golgota am Karfreitag, als der mächtige Vorhang im Tempel zerreißt, scheint ja auch das Tischtuch zwischen Gott und den Menschen zerrissen. Doch der von Menschenhand ans Kreuz Gehängte wird uns Menschen nicht zum Verhängnis, sondern wirft gegen alles Bösartige und Böswillige des Menschen seine Liebe in die Waagschale und bringt so die Menschheit mit Gott wieder ins Lot, wird zum Heilsbringer. Und als er irdisch seinen letzten Atemzug macht, seinen Geist aushaucht, da beginnt schon der Hauch des Ewigen, der uns die Lebenshoffnung atmen lässt: Das Leben aufs Ganze betrachtet geht nicht tödlich aus. Der Tod zieht den Kürzeren. Das Ostergeschehen setzt nicht alles Fürchterliche und Schreckliche im Vorspiel der Karwoche ausser Kraft oder macht es Ungeschehen, sondern Ostern hebt das alles in ein anderes Licht:. ins Kraftgeheimnis des Göttlichen.
In diesem Jahr werden wir das Drama und das Dramatische der Heiligen Woche mit dem österlichen Happy End nicht wie gewohnt in „Szene setzen können“. Wir werden Vertrautes vermissen, wie die großen Weggemeinschaften bei der Palmprozession oder beim Kreuzweg am Karfreitagmorgen. Uns werden die vollen Kirchen mit den Osterliedern aus vielen hundert Kehlen fehlen. Ja sogar die österlichen Sakramente, wie die Versöhnungswege und die österliche Kommunion werden wir vermissen. Aber kann nicht all dieses Entbehren der vertrauten äußeren Formen das innere Format unseres Glaubens neu wecken? Wo in diesem Jahr die äußere Gestaltung fehlt, geht es umso mehr darum, den inneren Gehalt unseres Glaubens zu erspüren, die Haltung der Hoffnung: Ostern ist nicht nur ein Versprechen von Überleben in weiter Ferne - das Leben in Ewigkeit. Da möge Ostern denen, in diesen Tagen Trost geben, die wirklich in Situationen auf Leben und Tod hineingeraten. Ostern will uns auch ermuntern aller Ohnmacht dieser Tage zu trotzen und manch eng gewordener Lebensentfaltung durch Phantasie, Ideenreichtum und Mitmenschlichkeit neue Weite zu geben.
Der Esel als Symbol des Palmsonntags ist ja auch Symbol für alle, die den Buckel hinhalten und Lasten für andere tragen. Was wird Menschen in solchen Berufen zur Zeit für Anerkennung, Wertschätzung und Zujubeln entgegengebracht. Möge dies auch dann nicht verstummen, wenn die Normalität des Lebens wieder einkehrt. Die Szene der Fußwaschung am Gründonnerstag, was kann sie für Bilder wecken von Menschen, die in heilenden und pflegenden Berufen wahrlich „Dienst“-Leister sind für all die Angeschlagenen und Risikogruppen, die ohne diesen Einsatz auf verlorenem Posten stehen würden.
Die Mahlgemeinschaft des Gründonnerstags wie die österliche Kommunion - der Hunger nach dieser Leibspeise des Glaubens geht ja vielen Christen in diesen Tagen besonders auf. Könnten wir nicht wenigstens etwas davon abbilden, indem wir unser Mahlhalten zu Hause an den Feiertagen besonders festlich gestalten: Ob in der Schönheit des Festtisches, ob in schöner Kleidung, die wir anlegen und natürlich auch in einem Tischsegen. Denn in jedem Mahl, das die Herzensverbundenheit von Menschen zum Ausdruck bringt, ist ja auch die Spur des Abendmahls und der österlichen Mahlgemeinschaft gegenwärtig. Und möge schließlich der Osterglaube denen in diesen Wochen besonders nahe gehen, die weltweit in ärztlichem und pflegerischem Einsatz so ohnmächtig Sterben hinnehmen müssen. In einer letzten Hoffnung, dass auch solch ein Sterben nicht das letzte Wort hat.
Wir lassen Ostern nicht fallen, nicht ausfallen und nicht in den Regen fallen, denn wir richten uns an Ostern auf, dem alles entscheidenden Glaubensgeheimnis von uns Christen.
Ostern entgegen, Ihnen allen eine gesegnete Heilige Woche wünscht und erbittet aus dem Pfarrhaus mit den Mitarbeiterinnen und den Mitarbeitern in Seelsorge und Pfarrbüro
Ihr Pfarrer Matthias Rosenberger
+ Gedanken zum 19. März zum Festtag des Heiligen Josef
Mitten in allen Verunsicherungen und der Erfahrung der Verwundbarkeit des je persönlichen Wohlergehens, wie der Verwundbarkeit des Wohlstands unserer Gesellschaft, in dieser, die ganze Erde umklammernden bedrohlichen Situation, da uns als Menschheit vor Augen geführt wird, wo die Grenzen des Machbaren und Beherrschbaren liegen, stellt uns die Kirche die Gestalt des Heiligen Josef vor Augen. Kommt er uns nicht wie gerufen? Denn wer könnte noch die Augen davor verschließen, wie in diesen Tagen das Verhalten jedes Einzelnen weitreichende Konsequenzen für so Viele haben kann und deswegen auf den Schultern von einem Jeden und Jeder von uns, Verantwortung für das Ganze ruht, die es auch wahr-, an-, und ernstzunehmen gilt. Nach Mt 1,18 ff hat sich der Heilige Josef in einer undurchschaubaren und unabsehbaren Lebensherausforderung nicht nur als kühler Kopf gezeigt, sonden auch als ein Mensch mit Tiefe des Herzens und Tiefe des Glaubens. Wenn diese biblische Erzählung vom Träumen und einer Engelserscheinung spricht und diesen himmlischen Einfall dem Handeln des Heiligen Josef vorausschickt, macht diese Erzählweise nicht eine Art religiöser Schwärmerei anschaulich, die die Realitäten verkennt und alles nur Gott überlässt. Es geht vielmehr um diese Kommunionkationsform des Glaubens, die die Wahrnehmungen des Lebens eben auch in den Horizont des Austauschs mit dem Göttlichen stellt. Ob wir das jetzt Gebet nennen, Meditation, Stille oder Einkehr. Auf jeden Fall ist es konspirativer Austausch mit der anderen Sphäre, um Handlungsinpirationen für dieses Leben zu finden. Josef, der seinem Traum getraut hat, hat dabei gerade nicht die Situation „verschlafen“ einfach nur hingenommen und die Augen davor zugemacht. Noch hat er umgekehrt angstvoll nur einfach dafür schwarz gesehen. Eher aufgeweckt und klar hat er in dieser Lebenslage gehandelt und wohl auch verstanden, Gottes Wirken in der Welt geschieht nicht am Menschen vorbei, sondern durch den Menschen. So wird Josef zum Lebensbeschützer für seine Nächsten, findet einen Ausweg aus vermeintlich aussichtsloser Situation. Vielleicht konnte er seinen Mann stehen und Menschen sich an ihn anlehnen, weil er selbst in Gott gestanden hat und auch von dieser Perspektive her das Leben verstehen konnte. „Fürchte Dich nicht“, das Eröffnungswort in der Botschaft des Engels lässt den Ernst der Lage nicht verkennen, aber auf Gott vertrauend, auch nach Handlungsweisen aus dieser Perspektive suchen.
Danken wir in diesen Tagen allen „Josefsgestalten“, die im Dienst für die Gemeinschaft ihren Mann und ihre Frau stehen, und das unter ganz besonderer Beanspruchung und wahrlich für sie persönlich auch herausfordernden Lebenssituationen: Ob in der Politik, ob in den medizinischen Einrichtungen, ob in den Krankenhäusern und Pflegeheimen, ob in den Sozialstationen, ob hinter den Theken und an den Kassen, ob in den Praxen, oder ob in zivilgesellschaftlich und ehrenamtlich engagierter Nächsten- und Nachbarschaftshilfe. Uns Christen steht es ja gut an, Gebet und Tat, Gottvertrauen und Engagement in diesen Tagen in unseren Möglichkeiten zu verbinden. Und vielleicht auch das von der Josefsgestalt zu lernen: Die eigenen Begehrlichkeiten und die eigenen Interessen zum Wohle anderer zurückzustellen. Von dieser Glaubensgestalt ist in der biblischen Überlieferung ja kein einziges von ihm gesprochenes Wort überliefert - „ein Schweigen, das der Rede wert ist“. Vielleicht kann es uns einladen, auch manches in diesen Tagen schweigend zu bedenken und darüber nachzudenken, anstatt mit vorschnellen Worten und vermeintlichen Neuigkeiten, Verunsicherungen zu verstärken, Gerüchte in die Welt zu setzen oder aber auch diese wahrlich große Herausforderung ins Banale oder Lächerliche zu ziehen.
Gott befohlen.
Ihr Matthias Rosenberger